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Visitor Center Belvedere

Gustin & Zieser  |  Wettbewerb – 2024

Architektonische Aspekte

Dieses Projekt setzt sich intensiv mit der barocken Architektur des Oberen Belvedere und seiner Gartenanlage auseinander. Es interpretiert die barocke Formensprache durch eine gleichermaßen geschickte wie eindeutig moderne Anwendung der Gestaltungsprinzipien und des Zeitgeschmacks der Epoche. Axiale Symmetrien, Spiegelungen, wirbelnde, sich auflösende Formen und subtile Materialitäten sind wesentliche Elemente des Entwurfs.

Das einzigartige Bauwerk Oberes Belvedere bleibt der Star und Mittelpunkt in der räumlichen Umsetzung des Visitor Centers. Durch die raffinierte Verwendung von Spiegeleffekten mit den Fassaden des Belvedere bleibt das Gebäude stets im Fokus und bindet die Besucher zusätzlich als Akteure in eine szenografische Inszenierung mit hoher Strahlkraft und Identität ein.

Der Eingangsbereich wird durch eine moderne, wirbelnde und glänzende Skulptur geprägt, die die Bedeutung des Oberen Belvedere nicht schmälert, sondern die ohnehin auffällige Architektur des Gebäudes für die Besucher noch verstärkt. Gemeinsam mit dem Belvedere entsteht so eine ikonografische Bedeutung, vergleichbar mit dem Erfolg und der Qualität ähnlicher internationaler Projekte. Ergänzt wird diese Skulptur durch eine ebenerdige, ovale Glasdachkonstruktion, die die Wasserbecken des barocken Gartens interpretiert und für eine natürliche Belichtung des Zentrums sorgt.

Ob Louvre in Paris oder Tate Modern in London – solch kulturell und historisch bedeutende Orte wurden erst durch den subtilen Einsatz vorausschauender Formensprache wahrhaft ikonisch und konnten sich als identitätsstiftende Orte etablieren.

Durch die Materialwahl für den gesamten unterirdischen Bereich passt sich der Entwurf bescheiden und großzügig dem barocken Schauspiel des Oberen Belvedere an, das die Besucher erwartet, und bewahrt dabei seine eigene gestalterische Kraft.

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Funktionale Aspekte

In unserem Entwurf ist der Bereich des Pfirsichgartens der einzige geeignete Standort, der alle Funktionen eines angemessenen Eingangsbereichs perfekt erfüllt. Dazu gehören die Funktion als Treffpunkt, als Annäherungszone und als zentrales Bindeglied, das Klarheit, Orientierung und Verbindung für alle ankommenden und abgehenden Wege bietet. Der Eingang zum Visitor Center darf nicht einfach ein Loch im Boden oder in alten Mauern ohne einen angemessenen Vorplatz sein. Stattdessen erfordert er ein klares und ausdrucksstarkes Statement zeitgenössischer, aber subtiler Architektur an der bestmöglichen Stelle.

Der einzigartige, spiralförmige Zugang ist barrierefrei und mit Aufzügen ausgestattet, sodass er direkt in eine Eingangshalle führt. Dieser Raum beinhaltet einen Informationsschalter, den Ticketverkauf, einen Wartebereich sowie den Zugang zum Restaurant. Von hier aus gelangen die Besucher durch die Sicherheitskontrolle in die Haupthalle des Besucherzentrums.

Shop, Multimedia-Bereich und Nebenräume sind klar und intuitiv im Blickfeld der Besucher platziert. Das Herzstück des Visitor Centers ist die Glasdachkonstruktion, die sich exakt an der Achse des Schlosses orientiert und mit einem ellipsenförmigen Spiegel ausgestattet ist. Besonders bemerkenswert ist, dass Besucher, wenn sie die Ausstellungsräume des Oberen Belvedere über die ebenfalls axial ausgerichtete Treppe verlassen, die südliche Hauptfassade des Schlosses nochmals vor Augen haben – fast wie ein letzter Abschiedsgruß. Wie bereits erwähnt, werden sie auch hier wieder zu räumlichen Akteuren in einer großartigen szenografischen Inszenierung.

Aufgrund der symbolischen Bedeutung des unterirdischen Bunkers – sowohl als bauhistorisches Element als auch als Schatzkammer der Sammlungen des Oberen Belvedere – haben wir seine Außenwand, die an das Besucherzentrum grenzt, als integralen Bestandteil der räumlichen Gestaltung einbezogen.

Die nahezu kathedralenartige Haupthalle des Besucherzentrums ist frei von Stützen oder Einbauten, wodurch eine maximale Nutzungsflexibilität und eine ununterbrochene Raumwirkung bis hin zur Treppe in die Sala Terrena gewährleistet werden.

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Städtebauliche und landschaftsarchitektonische Aspekte

Der Eingang zum Visitor Center wurde strategisch so platziert, dass alle Wegeverbindungen optimiert sind. Dazu gehören Routen zum Busparkplatz am Teichhof, die Schlossgärten des Unteren Belvedere sowie der Eingang an der Prinz-Eugen-Straße. Die Lage innerhalb des Pfirsichgartens ist ideal, da sie auch alle Anforderungen für eine nächtliche Schließung erfüllt.

Die Gestaltung der spiralförmigen Rampe ist von der barocken Gartenarchitektur inspiriert, die ebenfalls mit spiralförmigen Formen arbeitet. Die historisch dokumentierte Anlage des Pfirsichgartens bestimmte auf natürliche Weise die Platzierung des Eingangs entlang der Querachse des Schlosses.

Die Position der ovalen Glasdachstruktur, die das Spiegelbecken und die Alleen des südlichen Gartens interpretiert, fügt sich nahtlos in die Gesamtkomposition der Landschaftsarchitektur ein. Dennoch ist es klar, dass die moderne und zeitgemäße Funktion eines Visitor Centers innerhalb des Ensembles des Oberen Belvedere ihren – wenn auch subtilen – gestalterischen Abdruck hinterlassen muss.

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Facts

Name
Visitor Center Belvedere
Ort
Wien
Jahr
2024
Typ
Öffentlich